DER RAUM
Wir konzipieren die Ausstellung in den Räumen der Alten Nationalgalerie, in denen derzeit die Ausstellung 'Monet und die impressionistische Stadt' (27.09.25 bis 26.01.25) zu sehen ist.
Obwohl wir sehr frei mit der Umgestaltung des Raumes umgehen und dabei suggerieren es gäbe keine Beschaffungsprobleme der Werke oder finanzielle Hürden, möchten wir dennoch einen realistisch umsetzbaren Rahmen setzen. Daher bleiben die Raumaufteilung sowie die Halbwände bestehen, und wir übernehmen das Konzept eines zentralen Aufenthaltsbereichs in der Mitte des Saals.
Die zentralen Werke
Berthe Morisots wohl berühmtestes Werk 'Die Wiege' entstand 1872 in Paris und zeigt ihre Schwester Edma, die liebevoll auf ihre schlafende Tochter Blanche herabblickt.
Dieses Gemälde markiert Morisots erste Auseinandersetzung mit dem Thema Mutterschaft – ein Motiv, das später eine zentrale Rolle in ihrem Schaffen spielen sollte.
Edmas Blick und ihre Armhaltung spiegeln die des schlafenden Kindes wider. Gemeinsam mit den geschlossenen Augen des Babys bilden sie eine diagonale Linie, die durch den Vorhang im Hintergrund noch verstärkt wird und so die Verbundenheit zwischen Mutter und Kind verdeutlicht. Der sanfte Zug von Edma am Netz der Wiege, das sie zwischen Betrachter und Kind zieht, verstärkt das Gefühl von Nähe und Schutz in der Szene.
1874 stellte Morisot 'Die Wiege' bei der ersten Impressionistenausstellung aus und war derweilen die einzige Frau in dieser Künstlergruppe. Das Bild erhielt zunächst kaum Aufmerksamkeit, auch wenn bedeutende Kritiker seine Eleganz und Anmut lobten. Nach einigen erfolglosen Verkaufsversuchen nahm Morisot das Werk zurück, und es verblieb in der Familie des Modells, bis der Louvre es 1930 erwarb.
In leichter Sprache:
Das berühmteste Bild von Berthe Morisot heißt 'Die Wiege' und wurde 1872 in Paris gemalt. Es zeigt ihre Schwester Edma, die liebevoll auf ihre kleine Tochter Blanche schaut, die in der Wiege schläft. Dieses Gemälde war das erste Bild, in dem Morisot das Thema „Muttersein“ darstellte, ein Thema, das sie später oft malte.
In 'Die Wiege' schaut Edma mit sanftem Blick auf ihr schlafendes Kind. Ihr Arm ist so angewinkelt wie der des Babys, und die beiden wirken verbunden. Der leichte Vorhang, den Edma vor die Wiege zieht, gibt dem Bild eine Atmosphäre von Ruhe und Schutz.
1874 stellte Morisot das Gemälde in einer Ausstellung der Impressionisten vor und war dabei die erste Frau in dieser Künstlergruppe. Damals beachteten viele das Bild jedoch nicht, obwohl einige Kritiker seine Schönheit lobten. Morisot konnte das Bild nicht verkaufen, und so blieb es lange in ihrer Familie, bis es im Jahr 1930 schließlich vom berühmten Museum Louvre gekauft wurde.
Frauen bei der Arbeit
Berthe Morisot lenkte in ihrem Schaffen einen besonderen Fokus auf arbeitende Frauen wie Dienstmädchen, Hausangestellte und Ammen. Diese Frauen, die meist still und unsichtbar innerhalb des häuslichen Rahmens wirken, wurden für Morisot zu einem immer wiederkehrenden Motiv, das ihre eigene Lebenswelt durchzog. Werke wie 'Peasant Woman Hanging Linen' (fr. Blanchisseuse)' (1881), das eine Bäuerin bei der Wäschearbeit zeigt, greifen alltägliche Szenen auf – jedoch frei von der sozialkritischen Schärfe oder politischen Dringlichkeit, die in anderen realistischen Darstellungen ihrer Zeit häufig präsent sind.
Morisots Werke werfen stattdessen einen subtilen, beinahe poetischen Blick auf die Rolle der Frau, die über die klassische Mutterrolle hinausgeht und die stillen, oft unbeachteten Aspekte weiblicher Arbeit hervorhebt. Dabei schafft sie in feinen Nuancen ein Bewusstsein für die Eigenständigkeit dieser Frauen und die Bedeutung ihrer Arbeit. Durch ihre Darstellung von Frauen in häuslicher Arbeit betont Morisot das Selbstverständnis und die Würde, die diesen alltäglichen Tätigkeiten innewohnen, ohne sie zu idealisieren oder dramatisch aufzuladen.
In ihrem Selbstporträt (siehe Abschnitt 'EIN ZIMMER FÜR UNS ALLEIN') zeigt sich Morisot selbst als eine arbeitende Frau und unabhängige Künstlerin, womit sie ein kraftvolles Bild der schöpferischen Weiblichkeit und ihres eigenen Platzes in der Kunstwelt vermittelt. Ihr Werk stellt damit leise, aber nachhaltig, die traditionellen Rolle der Frau als Mutter und Ehefrau in Frage und eröffnet neue Perspektiven auf weibliche Identität und Berufung.
In leichter Sprache:
Berthe Morisot war eine Künstlerin, die besonders gerne arbeitende Frauen malte, zum Beispiel Dienstmädchen und Hausangestellte. Diese Frauen arbeiteten oft leise im Hintergrund, zum Beispiel im Haushalt, ohne viel beachtet zu werden. In ihren Bildern zeigt Morisot diese Frauen bei alltäglichen Tätigkeiten, wie bei der Hausarbeit oder beim Wäschewaschen. Sie malte sie mit viel Respekt und sorgte dafür, dass jede Frau in ihren Bildern als besondere Person erscheint.
In einem Selbstporträt zeigt sie sich selbst als arbeitende Frau und Künstlerin. Damit wollte sie zeigen, dass Frauen nicht nur Mütter sind, sondern auch außerhalb der Familie wichtig sind und viel leisten.
„(Die Männer neigen dazu), zu glauben, sie füllten einem das ganze Leben aus,
aber ich denke, dass, egal wie groß die Liebe der Frau für ihren Mann ist, es
nicht leicht für sie ist, ihre Arbeit aufzugeben. (…)
Arbeit ist für mich der einzige Zweck meines Daseins.“ – Berthe Morisot
Pasie
Morisot stellt diese Frauen mit Würde und einem poetischen Blick dar, wobei sie Detailgenauigkeit und Empathie in ihre Malweise einfließen lässt. Im Unterschied zu den meisten Impressionisten ihrer Zeit – und gemeinsam mit Künstlern wie Mary Cassatt und Camille Pissarro – betrachtete sie diese Frauen in ihrem Alltag als eigenständige Persönlichkeiten und verleiht ihnen dadurch eine besondere Präsenz. Sie stellt beispielsweise oft ihre Tochter Julie gemeinsam mit den Frauen dar, die sich um sie kümmern, was zeigt, dass Morisot nicht nur häusliche Szenen malt, sondern selbst als Künstlerin aktiv tätig ist.
Häufig zeigt Morisot die Nanny ihrer Tochter Julie Manet namens Pasie in behutsamen Momenten der Fürsorge, eng verbunden mit Julie, und verleiht ihr so eine stille Präsenz und tiefe Würde. Durch ihre Darstellungen lenkt Morisot den Blick auf die oft unsichtbare, aber prägende Arbeit der Fürsorge, die das familiäre Leben stützt, jedoch kaum ins öffentliche Bewusstsein rückt.
In leichter Sprache:
Morisot malte ihre eigene Tochter Julie oft zusammen mit den Frauen, die sich um sie kümmerten. So wollte sie zeigen, dass sie nicht nur Szenen aus dem Alltag malte, sondern selbst als Künstlerin arbeitete und die Rollen der Frauen in verschiedenen Bereichen des Lebens darstellte.
Vater und Tochter
Im Sommer 1881 zogen die Eltern der jungen Julie Manet nach Bougival, einem Vorort von Paris, etwa 16 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Sie entschieden sich für diesen Ort, weil sie dachten, dass das dortige Klima besonders gut für ihre Gesundheit sei. Julie wurde am 14. November 1878 geboren; ihre Mutter war zu diesem Zeitpunkt 37 Jahre alt und hatte Eugène drei Jahre zuvor geheiratet.
Berthe Morisot (1841–1895) und Eugène Manet (1834–1892) lernten sich in den späten 1860er Jahren kennen, nachdem Morisot im Louvre auf Eugènes älteren Bruder, den Maler Édouard Manet, getroffen war.
Die Beziehung zwischen Berthe Morisot und ihrem Ehemann Eugène Manet war von einem ausgeprägten gegenseitigen Respekt, Unterstützung und einem tiefen Verständnis für Morisots künstlerische Tätigkeit geprägt. Eugène, der jüngere Bruder des renommierten Malers Édouard Manet, war selbst kunstaffin und ordnete sich bewusst den Bedürfnissen von Morisots Karriere und ihrer kreativen Entwicklung unter – eine Haltung, die im Kontext des späten 19. Jahrhunderts ungewöhnlich und progressiv anmutet.
Während viele Künstlerinnen dieser Epoche aufgrund familiärer Verpflichtungen ihre Laufbahn einschränkten, ermöglichte Eugène Morisot die notwendige Freiheit, ihrem künstlerischen Schaffen kontinuierlich nachzugehen. Morisot porträtierte Eugène und ihre gemeinsame Tochter Julie in mehreren Werken, wodurch die enge Verbundenheit und das ausgewogene Miteinander in ihrem familiären Umfeld sichtbar wird. Eugènes Engagement und seine konstante Unterstützung für Morisots Werk leisteten somit einen maßgeblichen Beitrag zu ihrem Erfolg und ihrer Anerkennung in der impressionistischen Bewegung.
In leichter Sprache:
Im Sommer 1881 zogen die Eltern der kleinen Julie Manet nach Bougival. Das ist eine Stadt nahe bei Paris, etwa 16 Kilometer entfernt vom Stadtzentrum. Julies Eltern entschieden sich für diesen Ort, weil sie glaubten, dass das Wetter dort gut für ihre Gesundheit sei. Julie wurde am 14. November 1878 geboren. Ihre Mutter, die Malerin Berthe Morisot, war zu diesem Zeitpunkt 37 Jahre alt. Drei Jahre zuvor hatte Berthe ihren Mann Eugène geheiratet.
Berthe Morisot und Eugène Manet lernten sich in den späten 1860er Jahren kennen. Berthe hatte damals Eugènes älteren Bruder Édouard Manet, einen berühmten Maler, im Museum Louvre getroffen. Die Beziehung zwischen Berthe und Eugène war von Respekt und Unterstützung geprägt. Eugène, der ebenfalls Interesse an Kunst hatte, stellte sich ganz bewusst hinter die Karriere seiner Frau. Das war für die damalige Zeit etwas Besonderes, denn damals standen oft nur Männer im Mittelpunkt.
Viele Künstlerinnen gaben ihre Arbeit auf, wenn sie eine Familie hatten. Doch Eugène ermöglichte Berthe die Freiheit, weiter zu malen. Berthe malte Eugène und ihre Tochter Julie oft und zeigte so die enge Verbindung in ihrer Familie. Eugènes Unterstützung half Berthe sehr und trug dazu bei, dass sie als Malerin Erfolg hatte und bei den Impressionisten bekannt wurde.
„Ich glaube nicht, dass es jemals einen Mann gegeben hat, der eine Frau
als absolut gleichgestellt behandelt hat und das war alles, was ich immer verlangt habe –
denn ich weiß ich bin genauso gut wie die Männer.“ – Berthe Morisot
EIN ZIMMER FÜR UNS ALLEIN
Der Titel dieses Abschnitts bezieht sich auf einen Text der englischen Schriftstellerin Virginia Woolf, die die Bedeutung eines „eigenen Zimmers, wenn [eine Frau] ein fiktionales Werk schreiben will“ hervorhob.
Neben dem finanziellen Aspekt betonte Woolf die Notwendigkeit eines eigenen Raums, der für schöpferische Arbeit unabdingbar ist, weil Frauen bis ins späte 19. Jahrhundert selten die Möglichkeit hatten, Zeit allein und ungestört zu verbringen. Traditionell galt das Haus als der Bereich der Frau, dennoch hatten die meisten nicht die Freiheit, darin wirklich privat zu arbeiten oder über ein eigenes Zimmer zu verfügen.
Berthe Morisot verfügte über einen solchen Raum, der sowohl in ihrem Werk 'Julie Manet and her Greyhound' (1893) als auch in einer zeitgenössischen Fotografie von ihr aus demselben Jahr dokumentiert ist. Dieser Raum, der in vielen ihrer Gemälde immer wieder auftaucht, zeigt ihre Tochter Julie und deren Freundinnen beim Musizieren, Skizzieren oder Malen.
Hier wird dieser Raum zu einem bedeutenden Ort kreativer Arbeit und Ausdrucks.
Ein eigener Raum innerhalb der kulturellen Landschaft ist von wesentlicher Bedeutung, um Frauen die Möglichkeit zu geben, ihre Perspektiven und Erfahrungen zu teilen und zu publizieren. Dieser Anspruch auf Teilhabe ist nicht nur zentral für die individuelle Identität von Frauen, sondern trägt auch zur Bereicherung und Diversität der gesamten Kunst und Kultur bei. Durch das Sichtbarmachen unterschiedlicher Stimmen und Sichtweisen wird der kulturelle Diskurs erweitert und vertieft.
In 'Ein Zimmer für uns Allein' beabsichtigen wir, einen solchen Raum zu schaffen, der als Ort für ein tieferes Studieren der Künstlerin und den Austausch von Ideen dient. Ziel ist es, die Besucher*innen und ihre einzigartigen Erfahrungen in die Diskussion einzubringen.
In leichter Sprache:
Morisot verfügte über ein solches Zimmer, das auf dem Werk 'Julie Manet and her Greyhound' (1893) oder auf der Fotografie von ihr in 1893 zu sehen ist. Es taucht immer wieder in ihren Gemälden auf, zu sehen sind ihre Tochter und Freundinnen beim Musizieren, Skizzieren oder Malen. Es wir so zu einem Raum des Kreativen Arbeitens.
Ein eigener Raum innerhalb der Kultur ist wichtig, um ihre Perspektiven und Erfahrungen zu teilen und zu veröffentlichen. Dieser Anspruch auf Teilhabe ist nicht nur für die persönliche Identität von Frauen wichtig, sondern auch für die Bereicherung der gesamten Literatur und Kultur.
In 'Ein Zimmer für uns Allein' wollen wir in der Ausstellung so einen Raum schaffen.